Smoken – traditionelle Sticktechnik für Edles

gesmokt und bestickt

Unter dem Begriff smoken wirst du im deutschsprachigen Raum eher nicht fündig und landest über google leider bei Anleitungen zur Fleischzubereitung und zum Rauchen. Mit smocking oder smocked geht es zielgerichteter bei der Suche, meist im englischsprachigen Raum. So ist mein Blogbeitrag eine Einführung auf Deutsch.

Smocking ist eine englische Vorliebe. Das liegt daran, dass diese Technik zum Sticken auf Stofffältchen in England entstanden ist, zunächst für die Kleidung einfacher Landleute. Ein Arbeiterhemd hieß smock. Die Sticktechnik macht das Gewebe flexibel, das Kleidungsstück schmiegt sich an und es ist deshalb sehr bequem. Die Technik wird heute gerne für Baby- und Kinderkleidung genutzt.

gesmoktes Mädchenkleid

Seit dem Mittelalter wurde diese Art der bestickten Fältchen mit aufwändigen Mustern zum Statussymbol. Das ist sicher jetzt immer noch so, weil die zeitraubende Handarbeit nicht durch Maschinen ersetzt werden kann. Sie verlangt eben jede Menge Geduld und Geschick, daneben auch Stofffülle, und das hat seinen Preis. Man findet deshalb gesmokte Kleidungsstücke nur zu besonderen Anlässen, beim Taufgewand, bei Kleidern zur Hochzeit oder zu kirchlichen Hochtagen sowie bei Kleidung zu besonderen familiären Festen. Insbesondere Mädchen in gesmokten Kleidchen verleihen dem Anlass Reizendes.

Vielleicht lohnt es deshalb, sich gegen den Trend der schmucklosen T-Shirt-Gesellschaft mit der Smoktechnik zu beschäftigen und vielleicht ein erstes Projekt zu realisieren.

Wie geht Smoken?

Material

Zum Smoken wird Webware verwendet, die nicht zu dick sein sollte und die eine glatte Oberfläche besitzt. Der Stoff sollte zuvor gewaschen werden, um späteres Schrumpfen zu vermeiden. Das gesmokte Stück erhält durch das Fälteln nur noch ein Drittel der Breite des Ausgangsstücks. Je nach Stickfestigkeit variiert hier das Ergebnis, d.h. man sollte zunächst Erfahrungen an Probestücken gewinnen. Infrage kommen beispielsweise Baumwolle, Seide und Leinen. Es wird mit normalem Stickgarn gesmokt, und zwar mit 2 – 3 Teilfäden des ganzen Garns. Stickgarn ist sehr reißfest und haltbar. Perlgarn kann zudem Glanz verleihen. Von den Farben her bleibt man meist zurückhaltend in den Tönen des Stoffs. Für den Anfang ist es ratsam, einen rechteckigen gesmokten Bereich im Kleidungsstück vorzusehen, also den Taillen- oder unteren Brustbereich oder den Ärmelsaum. Das Einfügen von Hals- und Armausschnitten in gesmokte Bereiche verlangt wiederum besondere Vorkehrungen, die ich hier nicht bespreche.

gesmokter Taillenbereich

Falten des Stoffs

Das Fälteln kann von Hand geschehen. Dazu wird der Stoff oben minus Nahtzugabe, mit dem Fadenlauf quer, gleichmäßig, in jeweils exaktem Abstand von der Rückseite her vorbereitend gepunktet, entlang der Breite vollständig, aber die Nahtzugabe rechts und links beachtend. Die Punkte sind die Markierungen, um die Zugfäden durchziehen zu können. Die Reihe darunter muss exakt gleich, absolut parallel angelegt werden. Der Abstand der Reihen untereinander ist etwas größer als der Abstand zwischen den Punkten quer, also beispielsweise quer 1,3 cm und längs 2 cm.

Raster der Reihfäden

Statt mit Lineal zu arbeiten, werden Transferfolien angeboten, die ein passendes Punktemuster auf der Rückseite des Stoffs hinterlassen, wenn die Folie mit dem Bügeleisen aufgedrückt wird.

Leicht hat man es ebenso, wenn ein gleichmäßig gepunkteter oder karierter Stoff verwendet wird. Dann entfallen die vorherigen Markierungen und der Stoff selbst bietet Orientierung.

kariert macht es leicht
Reihfäden durchziehen

In jedem Falle werden dann Reih- oder Kräuselfäden zum Fälteln durchgezogen. Die eine Seite des Fadens muss gut verknotet oder fest vernäht sein, an der anderen Seite wird gezogen, sodass dann schließlich parallele Falten oder sozusagen Berge und Täler vorliegen, in denen dann gesmokt wird. Wenn alles zusammengezogen ist, werden die Reihfäden an der Zugseite untereinander verknotet, damit nichts mehr verrutscht. Später, nach dem Smoken werden die Reihfäden entfernt.

Zusammenziehen
Sichern der Reihfäden

Alternativ kann eine Faltmaschine verwendet werden, die auch gleich die Zugfäden durchzieht. Dazu verweise ich auf ein youtube-Video: https://www.youtube.com/watch?v=KJ4SRnhJhtY. Die Maschine lohnt natürlich nur, wenn man vorhat, Smoken häufiger zu betreiben.

verschiedene Stiche kombiniert

Smokstiche

Es werden verschiedene Stile verwendet, der Englische Stil, der Amerikanische Stil oder der Spanische Stil. Ich stelle drei überaus gebräuchliche Stiche des englischen Stils vor: Kontur- oder Stielstich, Wellenstich und Gitterstich. Für alle Stiche gilt, dass die Nadel etwa ein Drittel der Falte oberhalb der Reihfäden geführt wird. Niemals sollten sich Reihfäden und Smokfäden in die Quere kommen und sich verhäddern. Man beginnt immer mit dem Fadenende auf der Rückseite, sticht durch eine Falte und verschlingt den Faden mehrfach rückseitig, um ihn zu sichern. Dann geht es auf die Vorderseite im ersten Tal. Beim Sticken sollte sich der Stickfaden nicht verdrillen, sondern er sollte schön flach gehalten werden.

Stielstich (stem)

Der Stielstich ist der, der auch beim normalen Sticken für Linien verwendet wird. Beim Smoken wird er meist am Beginn der Arbeit verwendet, um die Falten erst einmal deutlich zu halten und zu befestigen. Sein Aussehen erinnert an eine Raupe. Der Faden kommt von der Unterseite des ersten Tals und geht nach links durch die erste Falte. Dann wird der Faden über die Berge zweier Falten geführt, um dann von rechts nach links im Tal zwischen den beiden Falten zu landen. Dann geht es wieder über zwei Berge usw.. Wichtig ist, den Faden immer oberhalb des Stechens zu halten, damit die Raupe gleichmäßig aussieht. Der Stielstich ist die Grundlage auch für alle anderen Stiche, nur dass das Sticken nach oben oder unten in andere Reihen oder etwas unterhalb oder oberhalb weitergeführt wird.

Stielstich schematisch

Wellenstich (wave)

Der erste Stich wird wie der Stielstich ausgeführt. Dann aber wird “gerutscht”, dies zur unteren Reihe, d.h. man nimmt die zweite Falte eine Reihe tiefer und sticht von rechts nach links durch und stickt einen Stielstich. Mit dem nächsten Stich geht es wieder nach oben usw.. Dabei entsteht ein Wellenmuster. Man kann die Welle vergrößern, indem das Sticken nicht nur eine Reihe nach unten sondern mehrere Reihen nach unten und dann wieder nach oben geführt wird. Entsprechend kann man die Welle auch verkleinern, indem halbe Reihen als Abstand gewählt werden. Der Wellenstich macht das Gewebe später besonders elastisch.

Wellenstich schematisch

Gitterstich (triffle)

Der Gitterstich wird für flächige Smokarbeiten verwendet. Er setzt schräge Linien zwischen den Reihen und erzeugt ein Rautenmuster. Der erste Stich ist wieder ein Stielstich. Dann “rutscht” man wieder nach unten und später nach oben. Anders als beim Wabenstich werden aber bis zur nächsten unteren bzw. nächsten oberen Reihe 3 oder 4 Stiche geführt, immer nach rechts oder links um eine weitere Falte versetzt.

bestickte Fläche mit Gitterstich
Gitterstich schematisch

Im folgenden englischsprachigen Video kann man anschaulich und über diese Beschreibungen hinaus ansehen, wie gesmokt wird: https://www.youtube.com/watch?v=QlqhXkGO2jI

Ja und dann ist man noch nicht fertig. Der gesmokte Bereich kann nach Herzenslust bestickt werden. Anregungen habe ich auf Pinterest gesammelt: https://www.pinterest.de/sewtonew/gesticktes/ und https://www.pinterest.de/sewtonew/smoken. Es ist aber zu bedenken, dass das Sticken die elastischen Eigenschaften des Smokbereichs schmälert, d.h. vielleicht sollte man hier sparsam verfahren.

Ebenso ist es für den Anfang ratsam, nur einen kleinen Bereich zu smoken und zunächst einfach zu besticken. Dazu habe ich folgende Anregung:

kleiner Bereich gesmokt

Quelle: https://www.pinterest.de/pin/634374297530255391/

Noch bin ich selbst am Anfang des Smokens und arbeite mich langsam in die Technik ein. An einen kleinen gesmokten Bereich wie im oberen Beispiel werde ich mich demnächst herantrauen. Wer darin aber professionell ist, ist eine Bekannte von Bao. 2006 lernte ich Bao aus Madagascar im Rahmen des Weltjugendtags kennen. Wir hatten Bao zu Gast, als ich damals Schulleiterin in Odenthal war. Seitdem habe ich einen privaten Kontakt zu ihr und zu Madagascar und unterstütze über Bao von Zeit zu Zeit die arme Bevölkerung dort. Bao schickte mir nun einige gesmokte Kleider zum Verkauf. Ich biete sie in meinem Shop zu einem marktüblichem Preis an und der Gewinn wird nach Madagascar zurück fließen. Bao ist in Antsirabe Lehrerin und hat Kontakt zu den Ärmsten. Sie weiß, welche Familien Unterstützung benötigen. Es geht manchmal einfach darum, satt zu werden, nach dem Sturm das Wellblechdach reparieren oder ein Medikament kaufen zu können, derweil wir unsere Kinder edel kleiden können, mit den angebotenen Kleidern nun mit caritativem Hintergrund.

Die einzelnen Kleider sind Unikate und sind über meinen shop zu erwerben: https://sewtonew.blog/product-category/von-hand-gesticktes/

Easy peasy Kleidchen aus Bettwäsche

Kinderbettwäsche ist meist nach Gebrauch keineswegs verschlissen, denn die Zeit zwischen Babybett, Kinderbett und großem Bett ist doch recht kurz. Die kleinere Kinderbettwäsche hat also schnell ausgedient und man sollte sie nicht entsorgen. Die Stoffe sind meist schön, kindgerecht, robust und eben aus 100% Baumwolle.

Ich habe schon häufiger die Vorzüge von Bettwäsche beim Upcycling gelobt und genutzt: https://sewtonew.blog/2020/12/26/nachthemden-aus-biberbettwaesche/ oder https://sewtonew.blog/2019/07/30/nachthemd-und-bettwaesche-werden-zu-kindernachthemd/ oder https://sewtonew.blog/2018/06/24/sommerkleidchen-aus-kinderbettwaesche/

So wanderte diesmal ein Bezug mit Herzen in meinen Fundus. Er passte zu Jersey in rosa, von dem ich noch einen großen Vorrat besitze. Angesichts der Stoffmengen und des einfachen und schnellen Konzepts habe ich gleich zwei Kleidchen genäht, eins für Cilly, das andere für Leni.

Upcycling Bettwäsche im Doppelpack
angeschnittene Ärmelchen

An dieser Stelle verweise ich auf den Schnitt für ein schnelles Kleidchen und den Blogbeitrag dazu.

Dann muss ich noch den Nähtrick verraten, wie dehnbarer Jersey und feste Webware störungsfrei und unter Beibehalten der Bequemlichkeit zu verbinden sind. Dies im nächsten Artikel.

Jeans Upcycling, aber bitte mit System!

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Wie du erkennst, habe ich mich mit dem Upcycling von Jeans schon einige Male befasst und Erfahrungen gesammelt. Deshalb möchte ich ein wenig aus meinem Nähkästchen plaudern.

Technische Erfahrungen:

Ohne eine Jeansnadel geht es nicht. Der Jeansstoff ist robust, aber eben auch schwer zu nähen. Mit einer Universalnadel kommt es doch zu Nadelbruch. Deshalb ist es ratsam, gleich die Jeansnadel oder sogar die Ledernadel einzuschrauben! Das verwendete Garn sollte Qualitätsgarn sein, anderenfalls ärgert du dich darüber, dass Garn reißt und der Faden wieder eingefädelt werden muss.

Overlock oder normale Nähmaschine? Dieser Frage möchte ich mich zuwenden. Overlocknähte haben zwar den Vorteil, das in einem Zug genäht und versäubert wird, aber die Nähte sind bei Jeansstoff doch recht dick. Will man das bei Kinderkleidung? Eher nicht. Außerdem verlangt der feste Jeansstoff der Overlockmaschine (ausgelegt für den privaten Gebrauch) allerhand ab. Wenn dann noch quer zu weiteren Nähten genäht werden soll, wird es doch noch mühsamer. Ich plädiere deshalb für die normale Nähmaschine. Ich plädiere dann weiter dafür, dass du die Nähte streng auseinander bügelst und links und rechts von der Naht absteppst, dies kleinstichig, um die Naht nicht nur flach zu halten, sondern auch um die Nahtzugabe zu sichern. Das macht Arbeit, klar, aber es lohnt sich.

Die Außenbeinnähte der Jeanshosen sind meist als Kappnähte gearbeitet. Ich halte diese dicken Wülste für ungeeignet, um sie bei Kinderkleidung weiter zu verwenden, wenn ich auch sonst dafür bin, so viel als möglich zu erhalten.

Es bietet sich daher an, die Hosen links und rechts der Kappnähte aufzuschneiden und dabei die Kappnaht zu entfernen. Die Innenbeinnähte kann man geschickt positioniert ggf. erhalten und verwenden. Dies war geschehen bei Lenis Jacke, die eine solche Naht mittig im Rücken und mittig auf den Ärmeln trägt.

So aufgeschnitten empfehle ich zunächst eine gründliche Wäsche. Mit gründlich meine ich, dass ruhig heißer gewaschen wird, als dies normalerweise für Jeans vorgesehen ist. Danach kann der Stoff eine gewissen Weichheit erlangen, wenn er im Trockner gewirbelt wird.

Gestalterische Überlegungen:

Reicht der Stoff der Hosenbeine für die vorgesehenen Schnittteile? Dies kann für Kinderkleidung kleiner Größen so sein. Günstig sind dann im Übrigen Schnitte, die von vorneherein ein stückweises Vorgehen verlangen, so bei Upcycling Jeans – Jeanskleidchen aus vier Hosenbeinen – Freebook Größe 86 – 126 oder bei Designerschnitt „Cilly“ – Schnitt für Mustermix fertiggestellt.

Wenn sich aber auch für nur eins der Schnitteile kein ganzes Jeansstück findet, muss der Stoff zusammengesetzt werden. Im Beispiel der Tasche waren das schmale Stoffstreifen, wobei gerade die kleinen Streifen den Clou der Tasche ausmachen. Und hier sieht man, dass der Phantasie beim Zusammensetzen keine Grenzen gesetzt sind. Aber: Es sollte mit System zugehen. Ich sehe im Netz zahlreiche Beispiele von Kleidung, die durch Upcycling entstanden ist. Oft sind die Stücke wirr zusammengesetzt, auch noch mit anderen Materialien kombiniert, und es entsteht etwas sehr Buntes, Ungeordnetes, Lappiges. Es macht den Eindruck, als wären die Stücke zufällig unter der Nähmaschine zusammengekommen. Man kann den “Hippie-Stil” mögen, ich mag ihn nur zurückhaltend.

Deshalb plädiere ich für ein System: Streifen oder Quadrate oder Rechtecke in gleicher oder verschiedener Größe, in Farbtiefe und Größe wohl überlegt ausgesucht. Das macht zugegeben ein wenig Arbeit, bis die Stücke so liegen, dass ein schönes Bild entstehen kann. Im Projekt Upcycling, diesmal gar nicht so leicht – zusammengesetztes Jeanskleidchen, hatte ich mich zudem vehement dafür ausgesprochen, Streifen schräg laufend zu verwenden.

In meinem letzten Projekt, das ich nunmehr hinzufügen möchte, habe ich noch etwas Komplizierteres ausprobiert, nämlich das Zusammensetzen in einer Art Fischgrätemuster:

Dazu werden Stoffstreifen benötigt, die zumindest paarweise die gleiche Breite haben. Das Paar wird im Winkel zusammengenäht und jede weitere Bahn wird an der Seite angenäht, die schon eine Quernaht besitzt. Nicht vergessen, nach jedem Schritt bügeln und steppen! So entsteht dann ein großes Stoffstück, das ein ganzes Vorderteil hergibt. In diesem Beispiel läuft die Mitte des Fischgrätemusters senkrecht mittig im Vorder-und Rückenteil, aber das muss nicht so sein. Eine asymmetrische Anordnung ist ebenso denkbar. Die Richtung der Nähte habe ich dann für die Knopfleiste und für den Kragen wieder aufgenommen. Ich finde den mit den Nähten parallel laufenden asymmetrischen Kragen sehr schön passend. Hier wurde im Übrigen ein Stück nicht mehr benötigter Kinderbettwäsche aus meinem Fundus verwendet.

Das Verfahren lässt sich weiter verwenden für andere Stoffarten. Jedenfalls werden größere Stoffstücke geschaffen, wenn das Ausgangsmaterial für das Upcycling die Schnitteile einfach nicht hergeben will. Ich denke mit größer werdenden Enkelkindern werde ich auf die verschiedenen Verfahren zurückgreifen müssen.